Unsere Pfarrkirche


 

In der Osternacht 2007 wurde an der Westseite unserer Pfarrkirche ein eindrucksvolles  Bild enthüllt, das in einer riesigen Darstellung die Auferstehung Christi zeigt.

Ein Jahr später zu Ostern 2008 wurde das Bild noch einmal gezeigt: Der HERR ist wahrhaftig auferstanden.


 

Unsere Pfarrkirche St. Andreas steht auf dem höchsten Punkt des alten Dorfes Keldenich. Der hoch aufragende Turm von 1898 erhebt sich, vom Tal aus gesehen, am vorderen Ende des Plateaus. Nach links und rechts erstrecken sich, schräg nach hinten, je ein Kirchenbau: links die neue und rechts die alte Kirche.
  

Alle Außenwände sind wie auch der Turm mit rotbraunen Ziegeln gemauert. Dass es sich um zwei Kirchen handelt, erkennt man deutlicher, wenn man sich von der gegenüberliegenden Seite, vom Plateau aus, der Kirche nähert: Man betritt links die kleine alte, neoromanische Kirche von 1888 von der Westseite her, nach rechts erstreckt sich der Anbau der neuen Kirche von 1967.

Die Ziegel der alten Kirche sind dunkler als die der neuen. Während die alte Kirche die typische romanische Form aufweist - z.B. die Reihen der kleinen rundbogigen Fenster an der Nordseite - so zeigt die neue Kirche eine formale Reduktion und eine betonte Schlichtheit.
 

Das Satteldach hat wenig Neigung, wandhoch wurden große Rundbogen gemauert, die sich an der gleichen Stelle auch an den Innenwänden befinden. In jedem Bogen wurde im oberen Bereich ein Rundbogenfenster eingelassen. Der Baukörper vermittelt so den Eindruck einer römischen Hallenform mittelalterlicher Kirchen. Modernität und Tradition gehen eine harmonische Verbindung ein.

Durch den Anbau dieser Hallenkirche an der Südseite der alten Kirche betont der Architekt Heinz Bienefeld (1926-1995) die hervorgehobene Stellung des Turms seitlich der Ostapsis und an vorderster Stelle über der Niederung des alten Ortes.
Das Innere der alten Kirche weist in Farbe, Form Material und Gestaltung, gerade auch durch die zurückhaltende Renovierung, ein gelungenes Ergebnis neoromanischer Baukunst auf. 

Altarfenster in der Apsis: Speisung der Fünftausend
   

Das Mittelschiff wird längsseitig von je zwei Marmorsäulen begrenzt, die die Last der verbindenden Rundbögen und des darüber aufgehenden Mauerwerks tragen. Im Obergaden befinden sich vier kleine Rundbogenfenster, im Seitenschiff darunter sind es zwei. 
Die Apsiswand des Altarraumes unterbrechen drei Fenster in der gleichen Größe. Die farbigen Glasfenster zeigen Szenen des Neuen und Alten Testamentes zur Grundlegung der Eucharistie: links die Speisung der Fünftausend, in der Mitte hält Jesus mit seinen Jüngern das letzte Abendmahl, und rechts sehen wir das Mannawunder.
Zwischen den Fenstern bleiben gleichgroße Flächen frei, die von Gemälden in Grisaille-Technik ausgefüllt sind. Sie stellen die Propheten Jesaja, Jeremia, Ezechiel und Daniel dar. Die Kirche erhielt in den 90er Jahren des 19. Jhs. eine reiche Ausmalung. Pfeiler und Bögen wurden ornamental geschmückt.
Die Obergadenfelder, die Gewölbekappen sowie der Chorraum wurden von Kanonikus Göbbels aus Aachen mit Fresken ausgestattet. Sie stellen zentrale Begebenheiten der Heilsgeschichte dar und galten wie im Mittelalter der Vermittlung des Glaubens durch die Sprache der Bilder. Sie beginnen im Obergaden mit dem Leben Jesu und reichen bis zu seinem Tod (Chorjoch) und zur Himmelfahrt (nördliche Chorwand).
 
Das große Apsisgemälde zeigt den thronenden Christus, und die Gewölbekappen vermitteln eine Vorstellung vom ewigen Lobpreis Gottes durch Engel und Heilige.
   

Die Gemälde und Reliefs am Altar sowie die Bildfenster im Chorraum lenken den Blick auf das Geheimnis des Altarsakramentes: das Sakrament als Speise (Bildfenster) und als Opfer (Abraham und Melchisedek auf dem Altarsockel).
 
Um den Neubau unmittelbar an die alte Kirche anschließen zu können, öffnete man die Südwand, legte den Fußboden für den fast kubusartigen Raum 72 cm tiefer und errichtete - zunächst mit den Abrisssteinen - die Halle der neuen Kirche. Außen- und Innenmauern wurden aus ähnlich rotbraunen Ziegeln gemauert, wie sie auch das Außenmauerwerk der alten Kirche aufweist. Architekt Heinz Bienefeld legte in enger Abstimmung mit dem Keldenicher Bildhauer Paul Nagel die Details des Neubaus fest.
 
"Es ging uns um die ‚Erfindung' des Kubus unter diesen Bedingungen", sagte Paul Nagel 2002 bei einem Gespräch über die Entstehung der neuen Kirche. Dabei kam es darauf an, keinen Gegensatz zu der alten Kirche entstehen zu lassen und trotzdem einen gänzlich eigenständigen Bau zu errichten. Die Eigenständigkeit zeigt sich in Maß und Form: Während das alte Kirchlein durch einen von Ost nach West langgestreckten dreischiffigen Raum mit Kreuzrippengewölbe geformt ist, stellt die neue Kirche eine fast 1 m hohe Halle mit annähernd quadratischer Grundfläche (18,60 m x 21,27 m) dar. Die Form wird von geraden Linien, rechten Winkeln und romanischen Rundbögen bestimmt.
 
Somit ist ein klar gefügter Raum, dem man eine gewisse kühle Strenge nicht absprechen kann, entstanden.
Und trotz dieser Zurückhaltung ist der Architekt in schöpferischer Vielfalt mit den selbst geschaffenen Voraussetzungen und mit der vorgegebenen Form der alten Kirche umgegangen.
Einmal indem er den gebrannten Ziegel als das maßgebliche Material der Außenwände der alten Kirche auch für die neue Kirche verwendete und darüber hinaus das Äußere sozusagen nach innen kehrte und den Ziegel auch für die Innenwände gebrauchte. Zum andern benutzte er den Rundbogen, als wesentliches Kennzeichen der Romanik wie der Neoromanik, in vielfältiger Weise auch in der neuen Kirche.
  

So öffnen gleich große Rundbögen, wie sie in der alten Kirche den Übergang vom Hauptschiff in das kleine Seitenschiff bilden, hier den Weg in die neue Kirche.
Mächtige quadratische Pfeiler aus den Abrissziegelsteinen der alten Südwand stützen die Bögen und die über dem alten Seitenschiff entstandene Galerie, die zu der neuen Kirche hin mit einer Brüstung aus rautenförmig ausgeschlagenem weißem französi- schem Sandkalkstein, dem so genannten Savonire, abgegrenzt wird. Das so entstande- ne Steingitter wurde von Paul Nagel geschaffen. Er hat für einige Felder aus dem gleichen Material Skulpturen gehauen, die - von links nach rechts - Ernte, Sonne/ Weintrauben, Hund, Hahn, Totenschädel, Taube und Eule darstellen. Über der Galerie wiederholen sich die Rundbogenöffnungen. 
Die Form des Rundbogens wird an den übrigen drei Wänden der neuen Kirche durch hochkant gelegte und bogenförmig gemauerte Steine gezeigt. Diese fast raumhohen Bögen sind außerdem durch leichtes Hervorstehen der die Bögen umgebenden Wände markiert. Das Außenmauerwerk weist - wie schon ausgeführt - die gleiche Formung auf. 
Die Innenwände sind ringsum in der Höhe dreifach gegliedert: in eine Sockelzone von 1,22 m Höhe durch eine kopfseitig gemauerte Ziegelreihe; in eine Mittelzone, die in ca. 5 m Höhe den üblichen wilden Mauerverband durch ein Band von im Wechsel hochkant und kopfseitig gemauerten Steinen unterbricht. 
 

Die Oberzone wird unterhalb der Decke durch eine Mauerreihe von Kopfsteinen begrenzt. Unterhalb jedes hohen Großbogens sind mittig, beginnend auf der unteren Abgrenzung der Oberzone, 2,88 m hohe und 2,16 m breite Rundbogenfenster angebracht, die durch ein Gitterwerk in 8 x 8 hochkantig ausgerichtete Rechtecke gegliedert werden, wobei die Rundbögen links und rechts die oberen Fensterfelder anschneiden. Die Verglasung erfolgte durch naturbelassene, mundgeblasene Scheiben. Die Ost- und die Westwand weisen je zwei dieser Hochbogenzonen mit jeweils einem Fenster pro Zone auf. In der Südwand rücken die beiden Hochbogenzonen auseinander und lassen in der Mitte Platz für ein drittes etwas höheres Fenster. 
Die Rundbogengliederung setzt sich fort in der Mittelzone durch je drei Bögen innerhalb eines Hochbogens, die ebenso durch hochkant gemauerte Ziegel geformt werden.
  

In die Südwand hat der Architekt drei kleine Rundbögennischen gemauert, die mit Skulpturen von Paul Nagel besetzt sind: ein Körbchen mit zwei Tauben, die Flucht nach Ägypten (in der Wand zur Sakristei), Schwert und Waage (oberhalb des Ausgangs). Als Material wurde der gleiche Kalkstein wie in der Galerie-Brüstung gewählt.
 

Körbchen mit zwei Tauben (Paul Nagel)
 
Die Ostseite der neuen Kirche
  

Die Flachdecke besteht aus altweiß gestrichenen Bohlen, die auf Vierkanthölzern aufliegen. Längs darunter verlaufen mächtige Holzbalken als Unterzüge, die von starken in die decke geführten und dort verankerten Holzlaschen gehalten werden.
Als Fußboden wurde grauer eiszeitlicher Nagelflor aus Ceppo (Norditalien) verlegt, und zwar wechselnd längs und quer, jeweils mittig angeordnet. Die dadurch an jedem Ende entstandenen quadratischen Nischen sind mit 5x5 cm großen weißen Marmorsteinen ausgelegt. Dieser ‚römische Verband' unterstreicht den Hallenbaucharakter. Der Altar wurde von dem Kölner Bildhauer Elmar Hillebrand aus weißem Marmor mit in der Mitte etwas stärker quer verlaufenden anthrazit bis grauen Adern gehauen. Er besteht aus einem Block mit der Grundfläche 1,40 x 0,90 m und 95 cm Höhe. Die Seitenflächen sind leicht und unregelmäßig wie die Faltung eines gänzlich deckenden Überwurfs gearbeitet.

Dieser schöne und schlichte Altar steht auf einem stufenhohen Sockel von 2,99 m im Quadrat. Darunter befindet sich ein von allen Seiten leicht ansteigender 11,88 x 5,40 m großer Steinteppich. Gestaltungsmaterialien sind lange schmale graue Platten aus dem gleichen Material wie der Fußboden der ganzen Kirche sowie Dreiecksplatten des gleichen Steins und eine Vielzahl von 4 x 4 cm großen weißen Marmorplättchen, die - etwas größer - auch im Fußboden der Kirche verlegt wurden. Die schmalen Platten umranden ganz außen und an der Grenze zur waagerechten Ebene den Steinteppich. Sie umfassen ferner vier spitz zu den Grundlinien des Teppichs verlaufende Quadrate, davon zwei in der Mitte seitlich und ein großes in der Mitte, das vom Altarpodest fast verdeckt wird und mit der vorderen und hinteren Spitze an den Teppichrand stößt. Diesem eingeschrieben ist ein kleines Quadrat, auf dem der Altar steht und dessen Enden seitlich sowie vorne und hinten vorstehen. Diese Fläche ist ebenfalls mit den kleinen weißen Marmorplatten belegt.

Die durch dieses Grundraster gebildeten freien Flächen des Teppichs werden, von allen Seiten zum Altar hin verlaufend, durch eine variierte Reihung der kleinen Marmorplatten ausgefüllt. Dabei werden die meisten Platten parallel zu den Seitenlinien hintereinander ausgerichtet, eine bis sieben Reihen nebeneinander. Unterbrochen wird diese Anordnung durch spitz zu den Seitenlinien gelegte Reihen, in der Regel einreihig, seltener auch zweireihig. Zu diesem Grundmuster gibt es noch eine Reihe von Varianten, so dass nie der Eindruck einer klar auszurechnenden Anordnung entsteht. 
   

Altar der neuen Kirche (E. Hillebrand)
 

Der neue Kirchenraum ist nicht bunt geschmückt wie die alte Kirche, in ihm sind nicht großflächig dargestellte Begebenheiten abgebildet, es treten kaum figürliche Darstellungen hervor, farbige Ornamentik fehlt gänzlich.
Der Architekt verlegt fast sämtliche Formung in die Fläche: z.B. die Rundbögen auf den Wänden oder die Schmuckformen der Steine im Altarteppich. Er reduziert das Expressive auf wenige Formen und Farben. Das in allen Details Gemessene verleiht dem Begriff des Maßes eine besondere Bedeutung.
Somit wird in diesem Kirchenraum nicht erzählt und belehrt wie in der alten Kirche, aber der Raum nimmt Formen der Tradition auf und kommt aufgrund abstrakter Grundmuster zu einer klaren Aussage, ohne dabei eine Kopie der alten Form zu sein.
So besitzt St. Andreas zwei Kleinode der Baukunst, die zu erhalten und aufgrund je eigener Gestalt weiter zu schmücken eine lohnenswerte Aufgabe ist.

Bruno Holschbach 
 

Maria mit dem Kind als Weltherrscher 
(aus der Kirche vor 1888)
Statue des St. Andreas von 1780
  
  

Fotos: Lukas Roth, Bruno Holschbach, Lothar Mund

 

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